Mittwoch, 26. Dezember 2012

Heykings Adressbuch (V)

Unter dem Buchstaben E finden sich nur zwei Eintragungen im Adressbuch von Edgar Baron Heyking (1891-1956). Von dem ersten, Prof. Emge, weiß ich nur, dass nach dem Krieg Alexandra Röhl, die aus Berlin gekommene Mutter des sehr jung in Russland gefallenen Heyking-Zöglings und Åkerman-Freundes Thülö Röhl, in seinem Hause wohnte. Ob er in irgendeiner Weise selbst dem Freundeskreis verbunden war, ist mir unbekannt. Den zweiten, Prof. Elze, kenne ich gar nicht. Wer weiß etwas?


Mittwoch, 19. Dezember 2012

Heykings Adressbuch (IV)

Im Adressbuch von Edgar Baron Heyking nimmt der Buchstabe D nur wenig Platz ein. Nachdem mir einige sehr erhellende Zuschriften zum Buchstaben B inzwischen zugegangen sind (herzlichen Dank für alle Mails!), will ich heute mit D fortfahren. Es gibt drei Einträge. Zu keiner der drei Personen ist bisher bekannt, in welcher Beziehung sie zu Heyking oder gar dem Wertheimer Freundeskreis standen. Hier ist wieder jede Hilfe willkommen.

Bei der ersten Adresse könnte es sich um eine Eintragung aus Heykings Jahren vor seiner Wertheimer Zeit, also vor 1925, handeln. Die Schreibschrift und die Verwendung von Feder und Tinte in der charakteristischen Farbe deuten auf diesen Zeitraum hin, wie sich aus anderen Einträgen schließen lässt, die eindeutig diesen frühen Jahren zugeordnet werden können. Der Adresszusatz »Gartenhaus« könnte darauf hindeuten, dass es sich bei Frau v. Dühren um eine Baltendeutsche gehandelt haben könnte, wie sie damals in großer Zahl, enteignet und oft völlig mittellos, in Deutschland Aufnahme fanden. Heyking selbst und auch die Åkermans gehörten ja ebenfalls zu diesem Kreis.

Zu den beiden anderen Adressen habe ich zunächst keine eigene Vermutung.



Sonntag, 16. Dezember 2012

Heykings Adressbuch (III)

Hier folgt der letzte Teil des Buchstabens B aus dem Adressbuch von Edgar v. Heyking (1891-1956), der allein sechs Seiten belegt. Die meisten dieser Eintragungen unter B konnten jedoch bereits zugeordnet werden. Beim Rest erhoffe ich mir Hilfe aus dem Kreis der Leser dieses Blogs.

Ich vermute, dass es sich bei dem Eintrag H. J. Brandt um jenen Freund Wolfgang Frommels handelt, zu dessen Hochzeit dieser nach der Beerdigung Heykings in Wertheim gefahren ist. Frommel erwähnt diesen Umstand in einem Brief an seine Mutter. Ein junger Arzt namens Brandt gehörte nach den Erinnerungen des Wertheimer Stadtarchivers i.R. Erich Langguth auch zu den Begleitern Frommels, als dieser kurz nach dem Krieg Langguths Vater Otto in Kreuzwertheim besuchte, der mit Frommel seit dessen Gymnasiastenzeit freundschaftlichen Kontakt hielt.


Der nächste Auszug zeigt drei Adressen, von denen die erste bisher gar nicht zugeordnet werden konnte, es gibt auch keine Vermutung. Die zweite, v. Buchholtz, gehört vermutlich zu den zahlreichen baltendeutschen Adelsfamilien, die sich im Adressbuch finden und die zu einem guten Teil zur Verwandtschaft Baron Heykings zählen.

Interessanter erscheint mir der unten genannte Clemens Brühl, der sowohl über das Baltikum als auch über Wolfgang Frommel mit Heyking verbunden gewesen sein könnte. Jedenfalls hat ein Clemens Brühl 1941 in Berlin ein Buch veröffentlicht unter dem Titel Die Sagan, das Leben der Herzogin von Sagan, Prinzessin von Kurland. Die Herzogin entstammte den baltendeutschen Familien v. Biron und v. Medem, die, wenn nicht gar verwandt, dann doch mit den Heykings bekannt waren. Die Burschenschaft der Bubenreuther in Erlangen führt einen Clemens Brühl auf, der ihr seit 1951 angehört. Weiter vermerkt die Burschenschaft auf ihrer Internetseite zu Brühl: Schule: International Quaker-School, Eerde Ommen (Niederlande). Hochschule(n): Amsterdam, Erlangen. Dies nährt meine Vermutung und Hoffnung, dass jemand mehr zu Brühl weiß.


Der letzte hier vorzustellende Eintrag unter B betrifft Gotthardt de Beauclair, den die Witwe Achim v. Åkermans als einen der Freunde ihres Mannes bezeichnet hat, vermutlich aus der Leipziger Studentenzeit Anfang der 1930er Jahre. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um den aus Ascona stammenden Verleger, Lyriker und Buchgestalter Gotthard de Beauclair (1907-1992). Stand er, außer dass er ein Freund Åkermans war, in einer Beziehung zum Wertheimer Kreis?




Heykings Adressbuch (II)

Heute stelle ich drei Einträge vor, die sich in Baron Heykings Adressbuch unter dem Buchstaben B befinden. Alle drei gelten Personen, deren Beziehung zu Heyking noch unklar ist, weshalb ich für jeden Hinweis dankbar bin.

Etwas rätselhaft erscheint mir, warum er Frau Dr. Wolff unter dem Buchstaben B angelegt hat. Mir ist der Name Wolff in den engeren oder weiteren Zusammenhängen der Wertheimer Runde bisher nur einmal begegnet. Die Witwe Achim v. Åkermans erzählte mir, dass einer der Freunde ihres Mannes ein Thilo v. Wolff gewesen sei, der ihn unter anderem 1943 (wohl im Lazarett in Goldberg/Schlesien) besucht habe. Sie wusste aber nicht, ob Wolff ein Freund aus Wertheimer Tagen gewesen sei. Sie erwähnte den Namen auch mit Adelsprädikat, Heyking ohne. Ein Zusammenhang bleibt also vorerst unklar.



Freitag, 14. Dezember 2012

Heykings Adressbuch (I)

Kürzlich habe ich, wie schon berichtet, mit einem Wertheimer Zeitzeugen das Adressbuch Edgar Baron Heykings durchgesehen. Bei einer Reihe von Einträgen, die teilweise bis in die erste Hälfte der 1920er Jahre zurückgehen, konnte aber auch dieser Zeitzeuge nichts beitragen. Sicher werden sich nicht alle Fragezeichen hinter den Eintragungen beseitigen lassen, aber vielleicht kann doch jemand von den Lesern dieses Blogs etwas beitragen.

Die erste Adresse, die ich heute zeige, wurde vermutlich erst nach dem Zweiten Weltkrieg eingetragen, denn sie steht im Adressbuch hinter einer Hamburger Adresse der Witwe des Dichters Achim v. Åkerman (1909-1945), die dorthin erst 1946 von Wertheim aus gezogen ist.

Kann jemand zu dieser Adresse in der Schweiz etwas sagen?


Mittwoch, 5. Dezember 2012

69 x Berliner Secession

Im Rahmen eines festlichen Aktes am  gestrigen Vormittag im Gartensaal des Wertheimer Schlösschens im Hofgarten hat der verdienstvolle Wertheimer Kunstsammler Wolfgang Schuller seine Kunststiftung Wolfgang Schuller durch Zulegung, wie es im Juristendeutsch heißt, in die kommunale Stiftung Schlösschen im Hofgarten eingebracht. Die beiden Vorsitzenden der Stiftungsvorstände, Wolfgang Schuller und der Wertheimer Oberbürgermeister Stefan Mikulicz, unterzeichneten die entsprechenden Verträge.

Das Schlösschen im Hofgarten, das 2006 nach Rettung vor dem Abriss, Erwerb durch die Stadt Wertheim und kompletter Sanierung als Kunstmuseum eröffnet worden ist, befindet sich samt dem umgebenden Vier-Hektar-Landschaftpark im Eigentum der gleichnamigen Stiftung. Es beherbergt drei Kunstsammlungen, darunter die jetzt ins Eigentum übernommene Kunststiftung Wolfgang Schuller, die 69 Werke namhafter Künstler der Berliner Secession umfasst.

Foto: Michael Geringhoff
Das Foto zeigt die feierliche Unterzeichnung der Verträge durch Wolfgang Schuller (vorn links) und Oberbürgermeister Stefan Mikulicz. Zeugen der Zeremonie sind dahinter (von links): der Geschäftsführer der Stiftung Schlösschen im Hofgarten, Bürgermeister Wolfgang Stein, Museumsdirektor Dr. Jörg Paczkowski, das Mitglied des Kuratoriums der bisherigen Kunststiftung Wolfgang Schuller, Birgit Schulte-Modrow, der Vorsitzende dieses Kuratoriums, Dr. Christoph Ackermann, sowie der Unternehmer, Mäzen und Ehrenvorsitzende des Förderkreises, Ehrenbürger Helmut Schöler.

Sonntag, 2. Dezember 2012

Lindenauer Taschentuchgeschichte

Am 19. September hatte ich hier über einen Kurzgeschichtenwettbewerb im Leipziger Stadtteil Lindenau berichtet und über einen Zufall, der es mir ermöglichte, mich daran zu beteiligen. Gestern Abend hat nun die Vorstellung der Geschichten, jede mit maximal 1500 Anschlägen, in Lindenau stattgefunden — und die Bekanntgabe der Preisträger durch die Jury. Ich hatte aus Termingründen die Einladung, die mich kürzlich erreicht hatte, leider absagen müssen.

Nun hat sich herausgestellt, dass alle fünf Jurymitglieder eine meiner beiden eingereichten Geschichten, »Die Nachricht«,  auf Platz eins gesetzt haben. Das erfüllt mich natürlich mit herzlicher Freude, auch wenn ich den ersten Preis, einen Wochenendkurs der »Prosawerkstatt« von Frau Anna Kaleri, wegen des Kurstermins im Februar leider nicht selbst wahrnehmen kann.

Hier nun die von der Jury ausgewählte Geschichte, die ich vor dem Einreichen ein paarmal eindampfen musste, bis sie mit 1497 Anschlägen in die Wettbewerbsregeln passte:

Die Nachricht

Sie war der dunkle Typ, dunkelblondes Haar, dunkelbraune Augen, Mitte Dreißig vielleicht oder ein bisschen drüber, jedenfalls sympathisch. Die Frau im weißen Kittel tastete gerade den Bauch meines kleinen Sohnes ab. Wir saßen in ihrem Sprechzimmer im Sonntagsnotdienst der Poliklinik West in Lindenau, Herbst 1983. Beruhigend sprach sie mit ihrer angenehmen Altstimme mit dem Vierjährigen. Mich beruhigte ihre Diagnose. Bauchweh und Durchfall waren nicht weiter schlimm, morgen würde nach ein paar Tabletten alles vorbei sein.

Ein wenig Schriftkram war noch zu erledigen, und sie schrieb Daten aus meinem grünen West-Reisepass ab. Als sie plötzlich aufschaute und mir direkt in die Augen sah, nahm ich ein leises Flackern wahr, ganz hinten, hinter der braunen Iris. »Ich sehe in Ihrem  Reisepass die Postleitzahl 6980. Ist das nahe bei Heidelberg?«, fragte sie. »Nicht gerade sehr nahe, aber unser Postbezirk. Ich habe dort studiert.« Ihre Augen prüften mich einen Moment, bevor sie vorsichtig und ein bisschen zögernd fragte: »Würden Sie meiner Freundin in Dossenheim einen Gruß von mir ausrichten?« Klar, das würde ich, selbstverständlich würde ich das. Sie nannte Namen und Adresse, schien erleichtert, es hinter sich gebracht zu haben; mit einem Händedruck verabschiedeten wir uns.

Die Freundin freute sich offensichtlich sehr, als ich sie nach meiner Heimkehr noch abends anrief. Und ich freute mich, für diesen kleinen Dienst genug Vertrauen gefunden zu haben. – Was für ein Land!