Mittwoch, 18. Juli 2012

Heykings Gäste (III)


Drei aufmerksame Verfolger meines Blogs haben mich unabhängig voneinander darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Heyking-Gast Dr. Heinz Pritschow um Goetz von Preczow-Frankenstein (1898-1974) gehandelt habe, den Willy Hellemann wohl in Detmold kennengelernt habe und der schon als Autor zum Runde-Verlag gehörte habe. Nach dem Krieg habe er regelmäßig Hellemann und Osthoffs im Tessin besucht.

Ein weiterer Leser des Blogs hat mir geschrieben, dass die von ihrem Träger bevorzugte Namensform  Preczow eine ältere sei. P. sei Kollege Hellemanns in Detmold gewesen. Von ihm sei  er mit Percy Gothein bekannt gemacht worden (gemeinsame Italienfahrt). P. sei auch mit Wolfgang Frommel befreundet gewesen. Der Mitteiler nennt als Veröffentlichungen: Autor im Band Gedichte einer Runde; Vergil-Übersetzung im Runde-Verlag, Veröffentlichungen im Castrum Peregrini; Gedichte und Übersetzungen Osthoff 1993; Lobgesang (Post-Presse).

Der dritte Leser schrieb: Lobgesang, (Gedichte, erschienen o.D. in der Herbert Post Presse München). Einen Überblick über Leben und Schaffen des von seinen Freunden »Götz« genannten Preczow (Pritschow) finden Sie in CP 118/ 1975 S. 66 ff. Er selbst habe Goetz flüchtig gekannt, ihn einmal 1952 im Heidelberger Atelier Friedrich Kotzenbergs, nahe der Alten Brücke, eindrucksvoll aus seinen Homer-Übertragungen die Nausikaa-Geschichte vorlesen hören.

Auch zu weiteren Personen kann der zuletzt Zitierte etwas beitragen. Ebenso wie Preczow erinnere er den stets braungebrannten Bonvivant Erich Burger, mit dem zusammen Gerhard Frommel nach dem Krieg zur Aufbesserung des kargen Dozentengehalts unterhaltsame Rundfunksendungen gemacht habe: »Von Schelmen und Schlemmern« habe ein Titel gelautet, dessen musikalische Ausgestaltung Gerhard Frommel übernommen habe. Christiane Kuby in Amsterdam (die ich bei dieser Gelegenheit herzlich als neue Mitleserin des Blogs begrüße, F.L.) habe eine Erzählung Wolfgang Frommels von einem frühen Traum notiert, in welchem Erich Burger eine Hauptrolle spiele.

Auch Hönl ist der Mitteiler Ende der 50er Jahre einmal im Tessin begegnet. Er erinnere sich nur noch, dass Hönl gemeint habe, Goethes Farbenlehre sei aus der Sicht eines modernen Physikers doch einiges abzugewinnen.

Nun mach' doch endlich mal ...

... ein Foto von meinem schönen Hibiskus! So erinnert mich meine liebe Frau seit Tagen an eine einmal flüchtig hingemurmelte Zusage, allerdings immer gerade dann, wenn wir dabei sind, das Haus zu verlassen. Das gute Stück steht nämlich neben der Haustüre. Jetzt hat sie mich jedoch in einem Moment erwischt, als es kaum noch eine nachvollziehbare Ausrede gegeben hätte. Ich wollte gerade auf der Terrasse die Beine hochlegen, um endlich noch einmal in Wolfgang Frommels Briefen an seine Eltern zu lesen, hatte in den Augen der besten aller Ehefrauen (pardon, Herr Kishon) also offensichtlich Zeit. Und was macht man als Ehemann einer besten aller Ehefrauen? Richtig!


Sonntag, 15. Juli 2012

Zeichen des Bundes

Am späten Nachmittag konnte ich heute aus meinem Arbeitszimmer heraus einen schönen Regenbogen sehen. Es berührt mich seit Kindertagen immer wieder, wenn ich die Brechung des Sonnenlichts an den Regentropfen vor mir sehe, obwohl das ja so selten nicht vorkommt. Es muss die alte biblische Geschichte aus der Genesis sein, in der ein Regenbogen als Zeichen des Bundes Gottes mit Noah dient, die bis heute das Gefühl von etwas Besonderem transportiert. Zufriedenheit und vertraute Geborgenheit greifen dann Platz. Ich mag den Regenbogen.


Samstag, 14. Juli 2012

Heykings Gäste (II)

Ergänzungen zur Liste der Gäste Edgar Baron Heykings hat mir in dieser Woche der Wertheimer Ehrenbürger Helmut Schöler (* 1930) zukommen lassen, der nach dem Krieg zuerst allein und später mit seiner jungen Familie bis 1966 selbst im Schlösschen gewohnt hat und mit Heyking befreundet gewesen ist. Er hatte mir auch bereits den Hinweis auf Siegfried von Vegesack gegeben.

Helmut Schöler schreibt: Einer der häufigsten Besucher war Pfarrer Willy Ratzel, einer der engsten, persönlichen Freunde Heykings. Er war »Mitglied« des Georgekreises oder stand ihm sehr nahe. Er sprach von George stets nur als vom »Meister«. Die georgeanischen »Freunde«, wie sie sich nannten, hätten Willy Ratzel oft in Bettingen am Main (heute eingemeindet in die Stadt Wertheim) besucht, wo er vor dem Krieg als Pfarrer tätig war. Man sei dann über den Umlaufberg bei Kreuzwertheim, das sogenannte Himmelreich, ans Mainufer gegenüber Bettingen gewandert und habe sich durch Rufen über den Fluss beim Fährmann bemerkbar gemacht.

Willy Ratzel war übrigens der Sohn des Pfarrers Ratzel, der in Wertheim die Hospitalpfarrei mit Waldenhausen betreut hatte. In seinem Pfarrhaus, Mühlenstraße 45, hatte von 1920 bis zu seinem Abitur 1922 Wolfgang Frommel gewohnt.

Willy Ratzel war nach dem Krieg hoch angesehener Pfarrer in Karlsruhe. Er hielt wiederholt im Radio die evangelische Weihnachtspredigt. Von Heyking erbte er das möglicherweise sehr wertvolle Bild »Madonna mit dem Kinde«, das im Hofgarten in Heykings kleinem Wohnzimmer hing, schreibt Helmut Schöler weiter.

Helmut Schöler erinnert sich auch der Besuche eines Herrn (von?) Pritschow, der von einer sehr kleinen Lehrerpension im engen Kontakt mit anderen dort lebenden Georgeanern im Tessin lebte. Er hatte sich wohl in jungen Jahren pensionieren lassen, was damals unter großem Geldverzicht möglich war, um sich ganz seiner Liebe zur Literatur zu widmen. Er war ein vor Kraft strotzender Mann und ein glänzender, amüsanter Erzähler. 

 Im Adressbuch Heykings findet sich ein Dr. Heinz Pritschow, der zunächst unter einer Adresse in Berlin-Lichterfelde verzeichnet ist, wo er offenbar als Lehrer tätig war. Später hat Heyking ihn unter einer Adresse in Freudenstadt notiert, wobei er diesmal einen Doppelnamen einträgt: Dr. H. Pritschow-Frankenstein.

Seite aus dem Adressbuch Baron Heykings

Zu Pfingsten kam des Öfteren der Freiburger Ordinarius für Physik, Prof. Helmut Hönl mit seiner Frau. Auch er gehörte eventuell sogar zum engeren Georgekreis. Die Hönls gehörten auch zu den persönlichen Freunden Heykings, berichtet Helmut Schöler weiter. Auch Hönl findet sich in Heykings Adressbuch, einmal mit einer Stuttgarter Adresse, die später durchgestrichen und durch eine Adresse in Freiburg-Zähringen ersetzt wurde. Ein späterer Eintrag vermerkt Helmut Hönl, diesmal ohne akademische Titel, mit einer Adresse in Ebnet bei Freiburg, »bei Zimmermann«. Ob Heyking Hönl aus seiner eigenen Freiburger Zeit vor dem Ersten Weltkrieg kannte, als er selbst dort Nationalökonomie studiert hatte, ist unbekannt.

Weiter Helmut Schöler: In den frühen 50er Jahren kam Dr. Burger, vermutlich ein Exponent der Heidelberger Literaturszene. Ich fand ihn aus anderen Gründen gut, denn er lieh mir sein Motorrad. Ich konnte mir noch keines leisten. 

Hier handelt es sich zweifellos um Dr. Erich Burger, der mit Heidelberger Adresse in Heykings Adressbuch steht. Er hatte schon Anfang der 1920er Jahre als Wertheimer Gymnasiast zum Freundeskreis um Willy Hellemann und seine Schüler, unter ihnen Wolfgang Frommel, gehört. Er war Bewohner des Wertheimer Melanchthonstifts, wo auch zu meinem Zeiten (Abitur 1966) noch manche Heidelberger Mitschüler wohnten, für die ein Schulwechsel in die Provinz angeraten erschienen sein mag. Burger schaffte es im März 1954 als stellvertretender Vorsitzender und Geschäftsführer im Zentralverband südwestdeutscher Rundfunkhörer sogar einmal in das Magazin Der Spiegel, doch bin ich sicher, dass dieser Nebenaspekt ihn als Person nicht  hinreichend beschreibt.

Wer zu den erwähnten Gästen Heykings weitere Ergänzungen beitragen kann oder weitere Gäste benennen kann, ist herzlich gebeten, sich an mich zu wenden. Wer an meinem 2006 erschienenen Artikel Hamlet und die Prominenz über die Wertheimer Runde zwischen den Weltkriegen interessiert ist, darf sich gern um eine PDF-Kopie an mich wenden. Gleiches gilt für die Artikel meiner Schwester Sabine, Gründerin und Inhaberin der Kulturwerkstatt Tübingen, die in mehreren längeren Artikeln über die Bewohner des Schlösschens zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und 1996 geschrieben hat. Breiten Raum nehmen darin natürlich die 25 Jahre Edgar v. Heykings und seine Zöglinge ein.

Samstag, 7. Juli 2012

Heykings Gäste (I)

Edgar v. Heyking (1891-1956), baltendeutscher Baron aus Gr. Iwanden in Kurland, kam 1925 als Gesellschafter des Fürsten Ernst zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg nach Wertheim bzw. Kreuzwertheim. Als dieser 1931 kinderlos starb, wurden Heykings Dienste von seinem Neffen und Nachfolger, Fürst Udo, nicht mehr benötigt. Dem Baron wurde die ehemalige fürstliche Sommervilla, das sogenannte Schlösschen im Hofgarten, als Wohnung überlassen. Seit der zweiten Hälfte der 1860er Jahre bis 1996 war die geräumiger Immobilie ständig vermietet, meist an mehrere Parteien. Heute ist das Schlösschen ein Kunstmuseum und samt Park im Eigentum einer Stiftung.

Baron Heyking lebte hier von 1931 bis zu seinem Tod 1956. Nach dem Verlust des großen Familienbesitzes im Baltikum lebte er in wirtschaftlich sehr beengten Verhältnissen und hielt sich unter anderem durch den Betrieb eines kleinen Pensionats für externe Wertheimer Gymnasiasten über Wasser, denen er humanistische Werte zu vermitteln suchte.

Etliche Freunde, die meisten wie Heyking selbst Anhänger oder gar Freunde des Dichters Stefan George (1868-1933), besuchten während der 25-jährigen Ära Heyking das Schlösschen. Manche kamen nur einmal, andere häufiger und regelmäßig. Darüber gibt es eine Reihe von Berichten. Im Säulentempel im Park deklamierte man Gedichte Georges und anderer aus seinem Kreis.

Der "Wertheimer Kreis" oder die "Wertheimer Runde" hatte sich in den Jahren 1920/22 gebildet, also lange vor dem Eintreffen Heykings in Wertheim 1925 und vor dem Umzug ins Schlösschen 1931. Jedoch gehörten viele davon später zu den Besuchern im Schlösschen. Ich möchte versuchen, den Kreis der Besucher, der über andere lokale Zusammenhänge hinausreichte, festzuhalten, und bitte um Mitteilung, falls meine Liste ergünzt werden kann.

Sicher in Wertheim bei Heyking zu Gast war der baltendeutsche Adlige und Schriftsteller Siegfried v. Vegesack (1888-1974). Allerdings scheint er keinen georgeanischen Hintergrund gehabt zu haben, sondern war vermutlich eher ein Bekannter oder gar Verwandter aus dem baltischen Kontext.

Verbürgt ist auch die zeitweilige Anwesenheit von Wolfgang Frommel (1902-1986), Percy Gothein (1896-1944), Achim v. Åkerman (1909-1945) und von Alexandra Röhl (1899-1976), der Mutter von Heykings erstem Zögling, Thülö Röhl (1920-1943). Bisher weiß ich nicht, ob Willy Hellemann (alias Hans Boeglin, 1893-1969) je wieder in Wertheim war, nachdem er in den 1920er Jahren seine Frau und zwei kleine Kinder hier hatte sitzen lassen. Sicher im Schlösschen war auch der eine oder andere Wertheimer Freund, ohne dass ich darüber im Detail genaue Nachricht hätte.

Nachweislich waren vor dem Krieg Prof. Dr. Joachim Wach (1898-1955), Religionswissenschaftler aus Leipzig und Mendelssohn-Bartholdy-Enkel, und Ernst Morwitz (1887-1971), Jurist, Schriftsteller, Übersetzer und Hochschullehrer, im Schlösschen zu Gast. Vor und nach dem Krieg hielt sich der Maler Fritz Kotzenberg (alias Friedrich Martinotto) gelegentlich bei Heyking auf – und zeichnete ihn und andere Freunde.

Nach dem Krieg war das Schlösschen für viele verabredeter Treffpunkt. So traf beispielsweise Achim v. Åkermans Witwe Rosemarie v. Åkerman mit ihrem 1944 geborenen Söhnchen hier ein. Auch Angehörige des 1934 von Gothein in Hermannstadt begründeten »Siebenbürgener Kreises« wandten sich nach Kriegsende nach Wertheim, darunter Siegfried Baumann (*1918), sein Bruder Helmut, der Musiker Heim Harro Scheiner und der Künstler Silvio Siermann (*1926).

Aus Wolfgang Frommels neuer Heimat Amsterdam und dem Umfeld des Castrum Peregrini haben ihn nach dem Krieg unter anderem Manuel R. Goldschmidt und Friedrich W. Buri bei einem seiner Besuche in Wertheim begleitet. Ob sie auch bei Heyking waren, was man vermuten könnte, ist mir nicht sicher bekannt.

Wer hat Belege für Besuche weiterer Künstler und Intellektueller als Gäste im Schlösschen?

Im Lazarett Goldberg/Schlesien am 20. Juli 1943:
Achim v. Akerman (vorn), seine Frau Rosemarie
und Edgar Baron Heyking

Dienstag, 3. Juli 2012

Frommels »Aufsaetze«

Als kleinen Appetithappen für alle, die sich für Wolfgang Frommel und seine Freundeskreise interessieren, habe ich hier ein vor drei Tagen gescanntes Deckblatt eines Aufsatzheftes aus dem Deutschunterricht in der Oberprima 1921/22 des Wertheimer Gymnasiums. Das Innere des Heftes habe ich natürlich auch komplett gescannt. Es harrt nun der Transskription und Auswertung.