Montag, 3. Juni 2013

Besser als Kino: Blaumeisen (II)

Eine Änderung des Geschehens der letzten Tage zeichnete sich am vergangenen Freitag ab. Tagelang hatten Zwitschern und  Bettelrufe im Nistkasten hörbar an Lautstärke und Kraft zugenommen. An diesem Morgen, es mag halb zehn gewesen sein, ließ sich das erste Köpfchen am Flugloch sehen. Aufmerksam musterte der Jungvogel die Umgebung, schaute nach allen Seiten und nach unten – und begann, lauthals um Futter zu betteln.

Wo bleibt mein Futter? -- Fotos: Friedrich Lehmkühler
Prompt wird der Nachschub geliefert.

Bis gegen elf Uhr ging es so weiter, bis der Jungvogel erste Anstalten machte, sein Nest zu verlassen. Immer weiter streckte er den Kopf hervor, den gegenüberliegenden Zweig fest im Blick.

Immer weiter kommt der kleine Körper aus dem Flugloch, streckt
sich immer mehr in die Länge ...
... und, schwupps, schon ist der Zweig erreicht. Während auch dort das Betteln
um Futter weitergeht, macht sich das nächste Geschwisterchen abflugbereit.

Die ersten vier Geschwisterchen flogen rasch nacheinander aus. Eine ganze Weile länger brauchte Nummer fünf. Da fehlte es offensichtlich an Mut. Die Beinchen auf den Rand des Flugloches und ab, wie die Geschwister es vorgemacht hatten, das erschien doch zu riskant. Zweimal waren ein Flügel oder sogar beide schon aus dem Nistkasten heraus, doch dann folgte die Flucht nach hinten. Rasch war der Körper wieder im Innern, und die Mutter musste noch ein paar fette Bissen füttern, bis es nach etwa 20 Minuten zum dritten Versuch kam.

Dritter Versuch von Nummer fünf: ganz lang strecken und ...


... doch wieder nicht? ...

... Doch! Endlich!

Geschafft! Stolz wie Oskar und etwas erschöpft sitzt Nummer fünf auf dem
Zweig, während Geschwisterchen Nummer sechs noch einmal gefüttert wird.

Nachdem es schließlich doch geklappt hatte, folgte der sechste Jungvogel wenige Minuten später, ohne zu zögern. Doch dann war nach insgesamt etwa einer Dreiviertelstunde erst einmal Schluss. Nummer sieben ließ zweifelsfrei erkennen, dass Ausfliegen nicht auf dem Programm stand. Das Köpfchen war zwar zu sehen, aber die Schnabelspitze ragte keinen Millimeter aus dem Flugloch heraus. Trotz eifrigen Fütterns durch die Mutter war bald klar: Der Flugtag war vorbei.

Düsteres Regenwetter am Samstag mit wahren Wolkenbrüchen schien kein gutes Flugwetter zu sein. Zwar lieferte Mutter Blaumeise den ganzen Tag kleine Raupen und Insekten, doch die Jungen – nach dem Konzert aus dem Innern wohl mehr als eines – blieben unsichtbar. Viertel nach acht am Sonntagmorgen sah man erstmals wieder ein Köpfchen am Flugloch. Bald streckte es sich weiter hervor, und kaum dass man sich versehen hatte, saß es auf dem Zweig vor dem Nistkasten. Nummer acht folgte rasch nach, die Mutter schaute noch einmal in den Nistkasten, ob wirklich alles leer sei – und schon war Familie Blaumeise entschwunden.

Für das unbeschwerte Terrassenleben, ohne dass man Sorge haben müsste, die kleinen Gäste zu stören, fehlt nun nur noch das passende Wetter. Der Sommer darf kommen.

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